Hochverehrter Herr!

Gerade, als gestern Ihre freundlichen Zeilen eintrafen, war ich so weit, den Schluss des Manuscriptes einpacken zu können, und habe ich denselben, Ihrem Wunsche gemäss, direct an Herrn Dallas gesendet.² Ich danke Ihnen herzlichst für die Mittheilung der Kritik der “Saturday Review”, die ich mit Vergnügen gelassen habe, und mir sehr angemessen erscheint; ich werde dieselbe an Herrn Dr. Hermann Müller weitergeben, um denselben von seinem Butler-Enthusiasmus zu curiren.³ Er ist bereits wieder auf seinem Beobachtungsfelde in den Alpen. Was mich betrifft, so habe ich Butlers Angriffe gegen die Selections-Theorie vollkommen unberücksichtigt gelassen, weil sie mir lächerlich erscheinen; nur hielt ich es für nöthig, mit einigen Zeilen seine Phantasien, dass Buffon ironisch geschrieben habe, und dass Göthe erst durch die Zoonomia auf verwandte Ideen geführt worden sei, abzuweisen.⁴

In Betreff der Anordnung bin ich längst zu der Überzeugung gekommen, dass es das Beste sein wird, wenn meine Lebensbeschreibung von Dr Erasmus Darwin ganz wegbleibt. Sollten darin einige kleine Partieen sein, die Ihnen mittheilenswerth erscheinen, so wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dieselben als Citat Ihrem Texte an geeigneter Stelle einverleiben wollten. Es scheint mir ferner das Richtige, die deutsche Ausgabe der englischen möglichst conform zu halten und höchstens am Ende einige erläuternde Noten hinzuzufügen, die Ihnen für englische Leser vielleicht überflüssig erscheinen.⁵

Andererseits könnten einzelne Abschnitte meiner Lebensbeschreibung, falls Sie dieselben nicht schon berücksichtigt haben, z.B. der Passus über die Enstehung des Botanic Garden einfach in den Abschnitt über die poetischen und wissenschaftlichen Arbeiten verpflanzt werden.⁶ Dasselbe könnte mit der Kritik des Bot. Gard. geschehen. Eine andre Frage wäre es, ob es sich nicht vielleicht empfehlen möchte, meine Einleitung mit einigen kleinen textuellen Aenderungen, und ebenso das Capitel über die humanitären Verdienste für sich bestehen zu lassen.⁷ Die Beibehaltung der Einleitung würde mir darum nützlich erscheinen, weil darin die Nothwendigkeit einer zuverlässigeren Biographie, und warum eine solche für unsere Zeit von Interesse ist, auseinandergesetzt wird. Das Ganze könnte dann ganz passend, folgende, wie mir scheint, die Hauptschwierigkeiten lösende Anordnung erhalten:

I. 1, Ihre Präliminar-Notiz.

II. 1, Die Einleitung, als integrirender Theil des Essaÿ’s gedacht.

?2. Über Dr Darwins ärztliche/ und humanitäre Thätigkeit.

3. Geschichtlicher Abriss der Evol. Theorie vor Dr. Darwin’s Zeit.

4. Analÿse seiner poetischen und wissenschaftl. Werke.

Ich wäre sehr froh, wenn Sie die kleinen Aenderungen, die diese Anordnung erheischen würde, an meinem Manuscript resp. Herrn Dallas’ Uebersetzung vornehmen wollten. Ich war leider anfangs in dem Wahne, dass Sie nur einige Zusätze und Verbesserungen zu dem Seward’schen Buche machen wollten, desto mehr freue ich mich, dass Sie statt dessen lieber ein ganzes Lebensbild gegeben haben, und ich werde nun meine Compilation unter keinen Umständen in die deutsche Ausgabe nehmen.⁸

Sehr dankbar wäre ich Ihnen, wenn Sie mir später von Ihrem Herrn Verleger, die Aushängebogen gleich nach der Fertigstellung im Reindruck senden lassen wollten. Auch möchte ich Sie bitten, mir zur Zeit freundlich mittheilen zu wollen, an welche Firma sich Herr Alberts wegen des Lichtdruck’s-Portraits wenden soll, damit er diese Angelegenheit, ohne Ihnen Umstände zu machen, dort erledigen kann.⁹ Jedenfalls scheint mir, dass es in der Ordnung ist, wenn er die Herstellungskosten trägt.

Ich wünschte sehr, Ihnen die Mühen abnehmen zu können, welche die Inscenirung des Ganzen Ihnen noch verursachen wird, aber andererseits scheint mir doch wieder das Beste, wenn Sie die nöthigen Umstellungen vielleicht unter Ihren Augen von einem Dritten machen liessen. Es ist mir eine sehr freudige Aussicht, Ihre ersten Bogen bald lesen zu können.

Inzwischen zeichne ich, hochverehrter Herr, | Mit dem herzlichsten Danke | Ihr treulich ergebenster | Ernst Krause